Freitag, 6. September 2013

Wie langsam der Alltag einkehrt

Fast 3 Wochen soll ich jetzt schon hier sein? Niemals!! Die sind so unglaublich schnell vergangen und ich kann gar nicht sagen, was ich die ganze Zeit gemacht habe.
Ich bitte euch wirklich, mir Fragen zu stellen. Ich habe bis jetzt nur eine einzige Frage bekommen und das Schreiben faellt mir wesentlich leichter, wenn ich weiss, was euch interessiert. 
Na gut, ich hatte das Glueck, nach dem Festival krank zu werden und so blieb ich dann 2 Tage zu Haus. Ich aergerte mich tierisch darueber, weil ich unbedingt die Leute wiedersehen wollte, aber als ich den Tee hier zum ersten Mal probierte, beschloss ich oefter mal krank zu werden. Noch dazu kamen staendig Leute rein, die nach meinem Wohlbefinden fragten und mich kuessten. Ich muss schon sagen, dass es eigentlich ganz gut tat, einfach mal im Bett zu liegen und zu schlafen, denn das habe ich hier in letzter Zeit wirklich wenig tun koennen. Kaum war ich einen Tag nicht in der Schule, schaute auch mal meine Betreuerin von YFU vorbei und redete mit mir. Nach zahlreichen fetten Umarmungen verabschiedete sie sich und am naechsten Tag fuhren Papá, Vale und ich zum Arzt, da sie wirklich sicher gehen wollte, dass es nichts Schlimmes ist. (Ich hatte nur ne Erkaeltung). Ich hatte noch nie einen so witzigen Arztbesuch. Im Arztzimmer schaute sich Papá erst mal genauer um und probierte alle moeglichen Geraete selbst aus. Ausserdem musste ich mir die laengsten Spritzen angucken, denn mein Gesicht dabei fand er besonders lustig. Achja, ein Foto von mir in der Kabine auf der Liege, existiert natuerlich auch. 
Noch immer bin ich ueberwaeltigt von der Freundlichkeit der Uruguayos. Als ich mich letztens auf einen Stuhl neben meinem Papá setzen wollte, wurde der erstmal zu ihm gezogen und ein Arm darum gelegt, bevor ich mich ueberhaupt setzen konnte. Noch dazu war ich mit meiner Mamá im Supermarkt. Ich traf dort eine Frau (meine Má kannte sie irgendwie aus Argentinien), die Englisch sprechen konnte und ehe ich mich versah, hatte ich auch schon ihre Nummer im Handy eingespeichert und eine Einladung zum Teetrinken noch dabei. 
Der Trouble um mich hat uebrigens noch nicht aufgehoert, was ich nicht gedacht haette. Spaetestens als ich vor der Schule die Treppen uebersehen habe, kennen nun wirklich alle Leute meinen Namen.
In den Unterricht kommen immer wieder Jungen, die sich vor mich stellen und versuchen etwas auf Englisch zu sagen. Meistens kommt aber nur ein YES raus, weil sie nichts anderes koennen, haha! Heute bin ich ueber den Plaza gegangen und eine Menschenmenge fragte nach meinem Namen, mir wird hinterhergerufen und gepfiffen. Wenn ich mich hinsetze, sind die Plaetze neben mir in weniger als 10 Sekunden besetzt und ausserdem ist ein Junge DER King, wenn er sich traut, kurz den Arm um mich zu legen. 
Ich nehme das aber alles mit Humor, und alle anderen auch, von daher komme ich damit klar, auch, wenn ich mich erstmal daran gewoehnen musste. 
Mit dem Spanisch laeuft es im Moment extrem gut. Ich verstehe jetzt wirklich viel, nur mich stoert, dass ich eben noch nicht ausreichend antworten kann. Schwer ist uebrigens auch, dass ich nun teilweise der Klasse im Englischunterricht einen Text auf Spanisch uebersetzen muss. Da ist man echt verwirrt. 
Letztes Wochenende war schoenes Wetter, also sind wir zum Strandhaus in El Balneario gefahren. Das war wirklich wunderschoen, denn es ist direkt an der Kueste vom Rio Uruguay und der ist fast wie das Meer. Ich freue mich schon auf dem Sommer, wenn wir uns am Strand sonnen koennen. Apropos sonnen: Schon an diesem Wochenende kaufte mein Pá extra fuer mich Sonnencreme mit LSF 50, weil er so Angst hat, dass ich einen Sonnenbrand bekomme, haha. Zur Info: Es war Fruehlingswetter und keine pralle Sonne!
Vale und Alejo waren im Wasser, was mir aber wirklich viiiiiiel zu kalt war!
Am Sonntag war ich vormittags mit Alejo auf einem Spielplatz und dort waren 5 Huepfburgen aufgebaut (das ist hier sonntags wohl immer so). Der Sonntag hier ist sowieso ganz anders als bei uns in DE. Am Abend gingen wir zur Kueste und dort sassen wirklich ALLE Jugendliche aus Dolores. Das war wirklich cool, denn mit Musik, Mate und Freunden laesst es sich hier wirlich gut aushalten ;)
Bei Unterschieden ist mir nur noch aufgefallen, dass Schlafzimmer wirklich NUR zum Schlafen da ist. Das heisst, dass man sich sonst nur im Wohnzimmer aufhaelt. Ausserdem schminken sich die Maedchen hier nicht, was mir doch sehr entgegen kommt. In der Schule habe ich noch kein einziges geschminktes Maedchen gesehen und in meiner Zeit hier habe ich mich nur einmal geschminkt und das war auf einer Party.
Zu meiner Gefuehlslage: Sie ist wirklich schwer zu beschreiben. Manche Tage sind wirklich bombastisch, aber dafuer gibt es auch Tage, wo ich meine Familie und Freunde vermisse. Gestern zB war der erste Schultag in DE und da habe ich besonders viel an sie gedacht. Heimweh wuerde ich das nicht nennen, ich habe eher Sehnsucht. Aber das ist nur an manchen Tagen der Fall, denkt also nciht, dass ich das Leben hier nicht liebe. Ich bin uebrigens am Ueberlegen, ob ich Facebook deaktiviere, weil mir auffaellt, dass ich doch ziemlich viel mit meinen Freunden aus DE schreibe. Falls ihr mich also nicht mehr findet, wisst ihr Bescheid! 
Was hier noch passiert ist: Irgendwie haben in Montevideo viele Schulen gestreikt und deshalb hat die Regierung die Fruehlingsferienwoche gestrichen, da soviel Unterricht ausgefallen ist. Das wiederrum gibt den Uruguayos wieder einen Grund zum Aufregen und deshalb wurde hier in Dolores zum ersten Mal demonstriert, was sich als echt lustig heraus stellte. Alle Schueler gingen einfach nicht zur Schule, stattdessen sassen wir auf dem Platz vor der Schule und redeten. Plakate wurden auch improvisiert und als Jungen mit Trommeln um die Ecke kamen, wurde gejubelt. Mit Trommeln, Gesang, Getanze, Silversterboellern und einer Farbbombe wurde also den ganzen Tag demonstriert.
Meine Schwester ist das perfekte Beispiel fuer eine Lateinamerikanerin: Gestern hatte die Grossmutter Geburtstag und um das Geschenk wurde es sich total fruehzeitig gekuemmert  (5 Minuten davor rannten wir noch schnell zu einem Laden, wo man Fotos ausdrucken konnte). 
Ich soll uebrigens einen normalen Schultag hier beschreiben, also tue ich das einfach mal:
Also um 13:25 gehe ich mit einer Freundin die drei Bloecke zur Schule und 5 Minuten spaeter beginnt auch schon der Unterricht. Zwischen den einzelnen Stunden gibt es immer 5 oder 10 Minutenpausen (das habe ich noch nicht wirklich durchschaut) und dann geht man auf den Plaza Constitución und dort gibt es viele Baenke. Wenn nicht grad was ausfaellt, geht das Ganze bis ca 18 Uhr, aber ich hatte hier noch keinen einzigen Tag mehr als 6 Stunden, weil immer verschiedene Lehrer nicht gekommen sind. In den Unterrichtsstunden verhalten sich die Schueler ziemlich anders. Es stoert nicht, wenn man einfach so aufsteht und was anderes macht. Die Schueler melden sich nicht. Der Lehrer stellt meistens Fragen, auf die man nur mit Ja oder Nein antworten kann, und das tuen alle dann im Chor. Ausserdem wird hier richtig oft diktiert und wir muessen dann mitschreiben. Wie ich schon beschrieben habe, sind hier private Gespraeche mitten im Unterricht ganz normal ( vorgestern kam die Direktorin auf mich zu und hat mich einfach gefragt, ob mir die Jungen hier gefallen, haha). Das Lernniveau ist hier wirklich ziemlich niedrig, wie ich zugeben muss. Ich lerne nicht sooo viel und Hausaufgaben gibt es auch kaum. Mir ist aufgefallen, dass man hier keine Hefte hat, sondern nur einen Collegeblock. Der ist allerdings nicht mit dem deutschen Collegeblock zu vergleichen, weil er extrem ordentlich gefuehrt wird. Man schreibt mit dem Bleistift, was ungewohnt ist.
So, das war jetzt so ziemlich das Meiste, was ich euch erzaehlen kann. So langsam kehrt hier der Alltag ein und ich gewoehne mich immer mehr an das Leben hier.
Ich melde mich dann wieder! Besos


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